Zwischen Stufen, Geschichte und Zukunft – das Scalalogen-Treffen 2025

20. Okt. 2025

Wenn sich Fachleute aus ganz Europa treffen, um über Treppen zu sprechen, dann klingt das zunächst unscheinbar. Doch wer dabei war, weiß: Es steckt weit mehr dahinter. Vom 2. bis 4. Oktober 2025 fand in der Ostschweiz das Treffen der Gesellschaft für Treppenforschung – Scalalogie e.V. statt.

Für uns vom Bildungszentrum Holzbau war das eine besondere Gelegenheit, tief in die Welt der Treppenkunde einzutauchen. Unsere Ausbildungsmeister Andreas Beck und Julian Daschner waren mit dabei – und kehrten mit vielen neuen Eindrücken, spannenden Gesprächen und inspirierenden Ideen zurück.

Einsteigen, ankommen, staunen

Schon die Anreise nach Teufen war ein Erlebnis. Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit Appenzeller Spezialität stand der Besuch des Grubenmann-Museums in Teufen auf dem Programm. Die Brüder Grubenmann, Baumeister des 18. Jahrhunderts, waren Pioniere im Holzbau – ihre filigranen, weit gespannten Konstruktionen beeindrucken bis heute. Auch die anschließende Besichtigung der Zellweger-Häuser und der Kirche in Trogen machte deutlich, wie viel handwerkliche Kunst und gestalterisches Feingefühl in diesen historischen Bauwerken steckt.

Am Abend zog die Gruppe weiter ins Hotel Rössli in Tufertschwil. Nach einem langen Tag voller Eindrücke war das gemeinsame Abendessen ein willkommenes Innehalten – und zugleich der Beginn vieler Gespräche, die bis spät in die Nacht reichten.

Forschung trifft Handwerk

Der zweite Tag begann sportlich: Ein Spaziergang durch die herbstliche Landschaft führte nach Ganterschwil, wo uns der Betrieb Treppenbau.CH erwartete. Dort bekamen wir nicht nur Einblicke in die Produktion, sondern auch in die Zukunft des Treppenbaus. Besonders beeindruckend war die Präsentation moderner Messtechniken mit Faro-Scannern und CAD-Systemen – ein Zusammenspiel aus Präzision und digitaler Planung, das zeigt, wie stark sich das Handwerk weiterentwickelt hat.

Im Anschluss tagte die Jahresversammlung der Scalalogen direkt vor Ort. Es wurde diskutiert, geplant und visioniert – über Projekte, Publikationen und die Zukunft der Treppenforschung. Beim Mittagessen mit Grillwurst vom offenen Feuer an der historischen Wasserrad-Säge Hätschberg ging das Gespräch nahtlos weiter. Zwischen den alten Holzbalken und dem Rauschen des Wassers wurde deutlich, dass die Verbindung von Tradition und Innovation der Kern dessen ist, was Scalalogie ausmacht.

Nach dem gemeinsamen Abendessen hatte Frau Dr. Irina Rochel Gelegenheit über ihre Arbeit bei der Dokumentation historischer Treppen zu berichten. 

Silvio Hellmundt berichtete über den Stand und die Möglichkeiten der neuen Internetseite der Scalalogen. 

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Im Anschluss kamen noch externe Besucher dazu und Andreas Beck berichtete über den aktuellen Stand beim Aufbau der Notre Dame in Paris. Besonders hervorgehoben wurden die Teppenanlagen im Süd- und Nordturm bis zu den Glockenstühlen.

Geschichte, die trägt

Der Samstag führte die Gruppe nach Bischofszell, wo eine Stadtführung und der Besuch eines historischen Bürgerhauses auf dem Programm standen. Doch der eigentliche Höhepunkt wartete in Wädenswil: die Grubenmann-Kirche, ein Bauwerk, das mit seinem riesigen, stützenfreien Dachstuhl aus Naturholz zu den beeindruckendsten seiner Art in Europa zählt. Wer unter dieser Konstruktion steht, spürt die Kraft und Leichtigkeit des Materials zugleich – ein stilles Zeugnis dafür, wie genial die alten Baumeister ihr Handwerk verstanden.

Beim abschließenden Umtrunk war die Stimmung gelöst und erfüllt. Man verabschiedete sich mit dem Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die sich nicht nur für Treppen interessiert, sondern für das, was sie symbolisieren: Bewegung, Verbindung, Aufstieg.

Was die Scalalogie ausmacht

Die Scalalogie, also die Lehre von der Treppe, geht auf den Architekturhistoriker Prof. Dr. Friedrich Mielke zurück, der sie in den 1950er-Jahren als eigenständige Wissenschaft begründete. Heute widmet sich der Verein Scalalogie e.V. der Forschung, Dokumentation und Bewahrung dieses Kulturguts – mit Sitz am Friedrich-Mielke-Institut für Scalalogie an der OTH Regensburg.

Es geht dabei längst nicht nur um Konstruktion, sondern auch um Kulturgeschichte, Ästhetik und Wahrnehmung. Treppen erzählen Geschichten: über Architektur und Zeitgeist, über den Wandel von Materialien und Formen, über Sicherheit, Symbolik und Bewegung im Raum.

Was wir mitnehmen

Für uns vom Bildungszentrum Holzbau war das Treffen weit mehr als eine Exkursion. Es war eine Einladung, das Handwerk mit neuen Augen zu sehen. Die Verbindung aus historischem Wissen, technischer Innovation und gelebter Leidenschaft zeigte, wie wichtig es ist, über den Tellerrand zu schauen.

Die Treppe, das wurde einmal mehr deutlich, ist kein einfaches Bauelement – sie ist Ausdruck von Können, Gestaltungswille und menschlichem Maß. Und vielleicht ist das genau der Grund, warum sie uns, egal ob als Handwerker, Forscher oder Gestalter, immer wieder fasziniert.

Für das am 08. + 09.05.2026 stattfindende internationale Treppenbauer-Treffen im Bildungszentrum Holzbau in Biberach konnten schon Themen gefunden werden und erste Referenten gewonnen werden.